Nach längerer Abwesenheit und einer schreiberischen Passivität, habe ich mich nun genötigt gefühlt einen Artikel über etwas zu verfassen, was mir persönlich sehr am Herzen liegt. Eine Veränderung in der Gesellschaft die vielerorts zu beobachten ist, jedoch noch bisweilen mit einem Lächeln abgetan wird. Das Phänomen der „Stromsucht“.
Zunächst zur Klärung des Begriffs an sich. Einigen mag der Begriff evtl. aus den Romanen von Larry Niven bekannt sein (Die Ringwelt Romane). In diesen Science-Fiction Romanen verfällt der Protagonist in einem der Romane einer Form von Sucht, welche in dieser weit entfernten Zukunft sehr alltäglich geworden ist. Hierbei ist dem Helden eine Buchse am Kopf implantiert worden, welche es ihm ermöglicht seinen Geist praktisch mit dem Stromnetz zu verbinden. Er schliesst sich an die Dose an und der Strom überlagert alle Gedanken und führt zu einem Zustand völliger Apathie. Denken wird unnötig, nur der konstante Fluss des Stroms im Gehirn ist noch wichtig. Das Ergebniss ist ein ständiges „am Stecker hängen“ und führt zu Verwahrlosung, Apathie, Unwohlsein bei längerem ausstöpseln, sowie im schlimmsten Falle zum Tod durch verhungern.
Dieses Phänomen nun auf unsere Zeit zu übertragen mag im erstenMoment eher kompliziert erscheinen, jedoch sehe ich bereits heute die ersten Anzeichen für ähnliche Phänomene. In der heutigen Zeit äußert sich dies in der starken Nutzung von Medien und deren „Auswurf“. Konkreter meine ich vorallem Fernsehen und Computer. Das erstere gilt in vielen Kreisen bereits heute als eine der größten Verdummungsmaschinen, welche der Mensch je erdacht hat. Ein schier endloser Fluss aus „Informationen“ und Eindrücken überflutet Wohnzimmer auf der ganzen Welt und vorallem in Überflussgesellschaften. Gleichzeitig ist bis auf den Anschluss des Fernsehers so gut wie keine Aktivität nötig, um den Fluss in Gang zu setzen. Der Computer geht sogar noch ein Stück weiter. Er ermöglicht den Zugang zu vielmehr Möglichkeiten als der Fernseher, da er interaktiv ist und mit Anschluss ans Netz die ultimative Informationsquelle darstellt. Will man Ablenkung so man man sich lediglich dem Fluss hingeben und so gut wie nichts dafür tun ihn aufrecht zu erhalten. Beide zusammen geben einem unterschiedlichste Formen der Ablenkung, die wie ich mir eingestehe jeder Mensch in irgend einer Form braucht, welche auch noch mit einem Minimum an Aufwand zu erreichen sind. Diese Form von medialer Ablenkung birgt jedoch die Möglichkeit in sich, dass sie sich verselbstständigt und nur noch dem Selbstzweck dient. Beispielsweise den Fernseher beim Essen laufen zu lassen, oder den Rechner nicht auszuschalten damit Downloads nicht abgebrochen werden. Diese dienen dann in den meisten Fällen einer Ausweitung des medialen Vergnügens, da es sich hierbei oft um Filme oder bestimmte Software handelt.
Hat sich der Konsum und die Nutzung dieser Medien soweit verselbstständigt, dass sie zum Teil parralel laufen, ist der Zustand der Sucht erreicht. Die Zeiträume der Nutzung werden länger, der Konsum von Serien, Shows, Spielen und Surfen nimmt immer größere Zeiträume in Anspruch, dient jedoch nur der „kurzzeitig“ gefühlten Ablenkung. Das „Flimmern“ wird zum Selbstzweck. Man könnte eine Folge seiner Lieblingsserie verpassen (man denke über diese Illusion nach in einer Fernsehwelt die von Wiederholungen lebt) oder jemand „wichtiges“ könnte etwas in einem Chat sagen und man ist nicht dabei. Auch Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst, Sexuelle Triebe und Stoffwechel eisen nicht los. Wo Rechner und Fernseher sind ist auch der Kühlschrank und die Toilette nicht weit. Und da die Hälfte des Internets aus Pornoseiten mit schier endlosen Spielarten zu bestehen scheint, kann in vielen Fällen auch der Triebhaftigkeit Abhilfe geschaffen werden.
Man benötigt den Austausch mit Menschen auf einer verbalen Ebene nicht mehr in dem Maße, den vorallem im Internet ist die Menge der Menschen groß und man findet Leute mit den selben Interessen. Weltweit spielen Millionen Menschen Online-Rollenspiele. Täglich werden es mehr und vorallem im Asiatischen Raum tritt man diesem Phänomen mittlerweile offen als Sucht gegenüber. Manche Menschen fristen bis zu 18 Stunden am Tag ihre Zeit in virtuellen Realitäten und vergessen alles um sich herum. Wie im Falle eines Asiatischen Gamers der vergaß zu trinken und zu essen und den Folgen einer Dehydrierung erlag. Es kann soweit kommen das Menschen die dieser Form der Sucht erliegen, oder sich ihr stark hingeben, auch nicht mehr ansprechbar sind es ein denn man hällt sie vom Spielen ab.

Ist diese Form von Stromsucht vorangeschritten, werden die Zeichen dafür immer deutlicher. Es beginnt mit der mehr und mehr sinkenden Bereitschft zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Die Freunde geraten ins Hintertreffen und werden kaum noch beachtet, es sei denn sie nehmen am selben Geschehen Teil wie man selbst. Da man sich nun für die bevorzugte Tätigkeit nicht mehr aus dem Haus bewegen muss, beginnt sich eine leichte Passivität in Richtung anderer Aktivitäten zu formieren die nichts mit den genannten Medien zu tun hat. Alles andere verliert an Reiz und auch das Denken fällt zurück, da man fürs „Flimmern“ nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit oder Hirnschmalz braucht. „Ich schalte beim Soap kucken ab.“ Ist die Passivität soweit vorangeschritten das man sich vorgaukelt keine Zeit für andere Dinge zu haben, ist der nächste Schritt die körperliche Verwahrlosung. Fehlende Körperhygiene, sowie schlechte Ernährung durch Fast Food können die Folgen sein. Letzteres ist nicht schlimm, jedoch im Übermass ein echtes Problem. Die Soziale Abgrenzung kann auch noch ganz besondere Stilblüten treiben. Gerade im Bereich der Online-Rollenspiele und im Internet allgemein, setzt sich zunehmend eine Sprache durch, die vorallem auf Abkürzungen und Tippfehlern basiert. Simpelste Beispiele hierfür sind „lol“ (laugh ot loud), „wtf“(what the fuck). Es entstehen sogar neue Wortschöpfungen, welche der Autor allerdings nicht gut genug kennt um nicht beim zitieren einen Fehler zu machen. Werden diese Worte jedoch im Alltag angewendet, sieht sich der Laie mit Grauen einer für ihn sinnlosen Konversation gegenüber, welche er nicht versteht und aus der er keinen Sinn ziehen kann. Dies kann zur Abgrenzung von den Nutzern führen und somit zur Ausweitung des sozialen Kontaktverlustes. Dies geschieht sicher auch andersherum, wenn der Laie abgegrenzt wird weil ihm das Sprachvermögen fehlt.
Wie wird diese Form von Sucht nun fortschreiten? Die kurzfristigen Folgen sind bereits beschrieben und die langfristigen könnten wie Nivens Version aussehen. Was im Moment bleibt ist Unsicherheit mit dem Phänomen um zu gehen und vorallem eine Lösung zu haben. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, das ich nicht grundsätzlich gegen die von mir genannten Medien und Tätigkeiten bin. Wenn ich so seher dagegen wäre, würde ich keinen Blog im Internet schreiben. Es mag auch sein das ich das ganze nur im Bezug auf meine Zeit sehe, so wie Engländer im späten 19 Jhd., die der Meinung waren zu viel lesen sei schlecht für Frauen. Einfach eine panische Vermutung. Fest steht jedoch das ich finde das zu viel Zeit mit dem ( FÜR MICH!!) sinnlosen stieren in Eckige Kästen vergeudet wird. Es scheint mir oftmals so als würden Menschen meines Umfeldes die Kiste einem Gespräch mit mir vorziehen und auch sonst kaum Interesse an anderen Dingen zeigen. Es hällt sich jedoch vielerlei in Grenzen, jedoch weiss ich von Negativbeispielen aus dieser Richtung und deswegen bin ich beunruhigt. Das schlimmste ist jedoch, das ich weiss das dieser Artikel nichts, aber auch gar nichts ändert. Es war mir dennoch ein Bedürfnis.

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